Taxi

An dieser Stelle sind wir frisch am Flughafen in Charlotte angekommen und wollen zum Hotel, um die 9 Stunden bis zum Anschlussflug zu überbrücken. Außerdem haben wir keine mobilen Daten und können auch niemanden in den USA anrufen. Ich hatte vorgesehen, eine eSIM für Annas Handy noch in Deutschland zu aktivieren, allerdings ist mir da ein kleiner Fehler passiert, weswegen ich den Support des Anbieters (Mint Mobile) benötigte. Und das ging nur mit Internet und so biss sich die Katze in den Schwanz. Aber das war nicht so schlimm, vor dem ersten Flug hatten wir auf Google Maps gesehen, dass man die Strecke wohl auch zu Fuß laufen konnte.

Der Haltebereich für die Autos vor dem Flughafen war auf 2 Ebenen aufgeteilt: Auf der unteren Ebene konnten Flugreisende abgeholt werden, in Taxis steigen etc. Und auf der oberen Ebene waren Haltebereiche, um Reisende am Flughafen abzusetzen. Das hatte ich so noch nicht gesehen, wirkte aber sehr durchdacht.

Auf diesem Bild kann man die beiden Ebenen erahnen:

Zum Zeitpunkt der Aufnahme wurde gerade das Vordach gebaut
Quelle: https://www.charlotteobserver.com/news/local/article267134361.html

Am Eingang haben wir auch die erste „typisch amerikanische“ Sache entdeckt:

Es war uns an dieser Stelle allerdings nicht klar, wohin wir laufen mussten. Überall waren Straßen und Asphalt, aber für Fußgänger waren keine Wege erkennbar. Wieder haben wir uns weitergefragt – dieses mal, wie es denn zum Hotel ginge. Aber die Person meinte nur, dass man von dort aus nirgendwohin laufen konnte. Man musste wohl zwangsweise ein Taxi oder Uber nehmen, um den Flughafenbereich zu verlassen. Ohne mobilen Daten gab es auch kein Uber für uns. Also haben wir uns nach Taxis umgesehen. (was für ein schönes Privileg es ist, in Deutschland überall hinlaufen zu können!)

Vom Taxifahrer kam allerdings der Hinweis, dass es extra Shuttles gibt, die einen gratis zum Hotel fahren (er hätte uns auch nicht informieren und einfach fahren können, das war echt freundlich von ihm). Wir haben uns über einiges im Voraus informiert, aber an Hotelshuttles hatten wir nicht gedacht. Das ist auf jeden Fall ein Learning für uns. Also standen wir mit einigen anderen an der Shuttlezone und hofften, dass auch wirklich irgendwann ein Shuttleauto kommen würde. Das war nach einer Viertel Stunde auch der Fall, allerdings erklärte man uns da, dass das Shuttle nur zu einem spezifischen Hotel fuhr und dass wir bei unserem Hotel anrufen sollten, damit es ein eigenes Shuttle losschickt. Außerdem sollte es im Flughafen wohl ein Telefon geben, mit dem man bei den umliegenden Hotels für diese Zwecke anrufen konnte.

Genau dieses haben wir dann auch gesucht, allerdings ohne Erfolg. Wir haben wieder jemanden gefragt – die Frau hat uns dann in Richtung Information geschickt. Manchmal kommt man nicht auf die einfachsten Sachen. Die Frau an der Information war überaus freundlich (so wie alle Personen bisher, mit denen wir geredet hatten – dieser positive Stereotyp über Amerikaner wurde für uns auf jeden Fall erfüllt) und hat für uns im Hotel angerufen. Allerdings war das Shuttle noch über eine Stunde nicht verfügbar, weswegen es dann doch das Taxi wurde.

Die Fahrt dauerte gerade mal 5 Minuten, das Taxometer war nicht an und der Fahrer hat pauschal 20 Dollar verlangt. Das schien uns etwas viel für die kurze Fahrt, aber was soll’s, jetzt waren wir zumindest am Hotel.

Hotel

Das Hotel wirkte sehr zweckmäßig und weniger herausgeputzt als auf den Fotos online, was man für den Preis auch erwarten würde. Die Frau an der Rezeption war herzlich und hatte einen starken Dialekt, weswegen wir nur die Hälfte verstanden haben – das hat aber ausgereicht, um einen Termin für das Shuttle zurück zum Flughafen zu vereinbaren und den Rest des Check Ins zu erledigen.

Im Zimmer hat uns direkt die Klimaanlage begrüßt. Obwohl direkt daneben ein Fenster war, das sich öffnen ließ, lief die Lüftung ununterbrochen, sodass einen direkt fröstelte. Wir, die wir das nicht gewohnt waren, haben direkt an der Klimaanlage nach einem Schalter oder einer anderen Möglichkeit zur Einstellung gesucht, aber nichts gefunden. Ich denke, wir haben die Klimaanlage unterbewusst mit einem Heizkörper verglichen – den man in Deutschland in den allermeisten Fällen am Radiator selbst einstellt. Später haben wir dann noch das eigentliche Bedienelement 4 Meter entfernt an einer Wand entdeckt. Das ist sicherlich deutlich praktischer, als die Bedienung direkt am Gerät zu haben. Ein Amerikaner hätte sicherlich direkt an der Wand nach der Bedienung gesucht. Und würde vielleicht etwas länger brauchen, um zu verstehen, wie man die Heizung in einem typischen deutschen Raum (mit Heizkörpern) einstellt. Ich finde es sehr interessant, wie solche kleinen Unterschiede in der typischen Raumgestaltung zweier Länder dazu führt, dass man sich erst einmal zurechtfinden muss. Einmal verstanden, denkt man natürlich nicht mehr darüber nach, wie man eine Klimaanlage einstellt, dann wird das schnell zum Automatismus und offensichtlich für uns. Dann vergessen wir, dass solche simpel erscheinenden Aufgaben doch eine gewisse Komplexität innehaben. Dann hilft nur ein gutes Design, das für sich selbst spricht, um den verwirrten Neuling schnell die richtige Bedienung mit dem Gerät beizubringen. In der Zwischenzeit haben haben wir allerdings erst einmal eine Decke über die Klimaanlage gelegt, um überhaupt im Bett ohne ständigen Luftzug entspannen zu können.

Ein typisches Bedienelement für die Klimaanlage
Quelle: https://www.ambientedge.com/faqs/help-my-ac-control-panel-isnt-working/

Und dann das Wichtigste zuerst: Sich erst einmal zuhause melden, dass man sicher gelandet ist und dass alles geklappt hat! Erleichterung am Telefon. In Deutschland war es zu dem Zeitpunkt schon längt abends, bei uns gerade einmal Nachmittag. Außerdem war jetzt Zeit, mit dem Hotel-WLAN endlich die eSIM richtig zu aktivieren, um endlich handlungsfähig mit dem Handy zu sein und ein Nickerchen zu machen.

Abends kam etwas Hunger auf und wir entschlossen uns, ein nahe gelegendes asiatisches Bistro aufzusuchen. Schon auf dem Weg dahin fiel uns auf, dieser abgelegene Teil von Charlotte für Autos gemacht war. Wir mussten am Straßenrand laufen und fühlten und als Fußgänger ziemlich fremd in der Gegend. Das Bistro wirkte recht vergleichbar zu ähnlichen Lokalen, die wir aus Deutschland kannte. Die einzigen Unterschiede waren die Sitzbänke, die an ein American Diner erinnerten und die Klimaanlage, die ununterbrochen lief. Außerdem gab es alle Portionen als „regular“ (normale Portion) und „large“ (große Portion). Hungrig ist man immer gewillt, die größere Portion zu wählen, aus Angst, nicht ganz satt werden zu können. In der Realität war das allerdings merklich zu viel für uns. Während wir im Bistro warteten, merkten wir, dass unsere Körper definitiv Mitternacht erwarteten und wir erstaunlich müde dafür waren, dafür dass es doch noch so hell draußen war. Manchmal erwischten wir uns dabei, dass wir verwundert über unsere eigene Müdigkeit waren und uns erst dann wieder der Zeitverschiebung bewusst wurden. So stark war der Einfluss der Sonne auf uns – und des Körpers, der sich dachte: „Warum bin ich denn schon so müde, es ist doch noch so hell draußen?“ Es ist etwas schwer zu beschreiben, weil man ja trotzdem die ganze Zeit wusste, dass man 6 Stunden Defizit hat. Es fühlte sich nichtsdestotrotz ein Stück surreal und witzig an.

Das war dann doch etwas viel

Wir haben uns noch etwas ausgeruht und dann ging’s los. Das Shuttle war abends wie versprochen da, wenn auch mit etwas Verspätung, und hat uns zum Flughafen geschafft. Wir waren sogar die einzigen, die zu der Zeit gefahren wurden. Dort erwartete uns allerdings eine unangenehme Überraschung: Der Flug hatte ganze 7 Stunden Verspätung und würde erst 5:30 Uhr am Folgetag stattfinden! Damit hatten wir wirklich nicht gerechnet. Eigentlich sollten wir von unserer neuen Mitbewohnerin in Columbus am Flughafen abgeholt werden, aber das fiel damit auch ins Wasser. Auch unser Plan, noch Mitternacht ins Bett zu gehen und dadurch den Jetlag so gering wie möglich zu halten. Um etwas Klarheit zu schaffen, haben wir bei den Special Services nachgefragt, ob damit zu rechnen ist, dass der Flug doch nochmal nach vorne verschoben wird. Das Letzte, was wir wollten war, im Hotel den Flug zu verschlafen, weil wir uns auf eine spätere Zeit eingestellt hatten. Doch man versicherte uns, dass die Zeit nicht noch einmal geändert würde (in die eine Richtung zumindest), sobald sie auf den Folgetag terminiert wurde.

Also haben wir noch einmal beim Hotel angerufen (dieses mal zum Glück mit eigener SIM, der erste Anruf mit dieser überhaupt!) und es war kein Problem, dass das Shuttle uns noch einmal abgeholt hat. Wir befürchteten, dass das Hotelpersonal etwas genervt von der nun doch sinnlosen Shuttle-Kutscherei sein könnte, aber die Frau an der Rezeption hat uns das Gegenteil bewiesen. Sie wirkte eher empört über die Fluggesellschaft und hatte vollstes Verständnis für uns – wir fühlten uns bei ihr gut aufgehoben.

Flughafen

In der Nacht stand uns logischerweise kein Shuttle zur Verfügung, daher kam die Gelegenheit, das erste mal überhaupt einen Uber zu bestellen! Wir konnten schon Stunden vorher in der App die gewünschte Zeit angeben und uns bestätigen lassen, was uns das Gefühl von Sicherheit gab. Außerdem war es selbst mitten in der Nacht günstiger als das Taxi! Nach ein paar Stunden Schlaf kamen wir gut zum Flughafen. Dort gab es eine weitere Premiere: Zum ersten mal in meinem Leben war ich beim Dunkin Donuts – uns gefiel die Idee, zumindest am Anfang mal so einige „typisch amerikanische“ Sachen zu machen, wo wir schon mal dort waren, und Donuts gehörten da auf jeden Fall dazu!

Leckerbissen im Flughafen

Uns kam noch die Idee, bei den Special Services nach irgendeiner Form von Gutschrift zu fragen für die lange Verzögerung, schließlich ging es um mehr als die typischen 1-2 Stunden Verspätung, die man sonst zähneknirschend hinnimmt beim Fliegen. Wir haben zwei Essensgutscheine von jeweils $12 Wert angenommen. Vielleicht hätten wir sogar die Hotelkosten wiederbekommen, wenn wir es direkt online angefragt hätten. Durch Annehmen der Essensgutscheine haben wir jeglichen Anspruch auf eine andere Entschädigung verloren, da man nur eine Form der Entschädigung erhalten kann laut Airline-Vorschriften. Allerdings war das Hotel nicht gerade teuer und wir hatten es sowieso zur Verfügung, von daher schien es uns im Nachhinein doch ganz fair, wie es gelaufen ist.
Jedenfalls konnten wir uns davon noch zwei leckere Bagels (typisch amerikanisch!) holen und dann pünktlich in den Flieger steigen. Der Flieger war kaum voll, wir hatten die ganze Reihe für uns, was sehr nett war und der Flug selbst war mit einer Stunde Dauer gleichsam kurz und ereignislos.

Columbus

Eine weitere Kontrolle in Columbus gab es nicht, da es sich nun um einen Inlandsflug handelte. Erschöpft und trotzdem glücklich, endlich angekommen zu sein, nahmen wir einen Uber zu unserem neuen Zuhause. Es war mittlerweile schon wieder hell und die meisten Menschen begannen ihren Tag, während wir uns nur noch nach dem Bett sehnten. Unsere Mitbewohnerin hat uns im Voraus den elektronsichen Zahlencode für unsere Wohnungstür verraten, sodass wir auch ohne sie ankommen konnten. Zumindest theoretisch, in der Praxis standen wir ratlos vor dem Schloss und verstanden nicht, warum jeweils zwei Zahlen auf den Knöpfen abgebildet waren und wann genau man den Knopf mit dem Schlosssymbol drücken muss. Zum Glück war unsere Mitbewohnerin gerade dabei, sich für die Arbeit fertig zu machen, wodurch sie uns gehört hat und aufmachen konnte. Glück gehabt! Es war schön, sie nach monatelangem Schreiben endlich in Person zu sehen, auch wenn die Situation kein unmittelbares Kennenlernen ermöglicht hat.

Nochmal kurz zum Schloss: Mittlerweile wissen wir, dass die Knöpfe wirklich doppelt belegt sind. Möchte man zum Beispiel den Code „1234“ eingeben, muss man zweimal den Knopf ganz links drücken (12) und dann zweimal den Knopf oben rechts darüber (34), danach das Schlosssymbol. Bei richtigem Code betätigt ein kleiner Motor mechanisch den Schalter, der die Tür verschließt. Von innen kann man den Schalter direkt betätigen, da braucht man keinen Code. Zum Schließen muss man nur einmal das Schlosssymbol drücken. Eine Möglichkeit, die Tür per Schlüssel zu verschließen, gibt es nicht. Nicht nur, dass wir keine Schlüssel haben, es gibt noch nicht einmal ein Schlüsselloch. Diese Art von Schloss ist in den USA bei vielen Wohnungen üblich. Während es durchaus komfortabel ist, nicht ständig einen Schlüssel aus der Tasche zu holen, es insbesondere bei Miet- / Ferienwohnungen die Notwendigkeit einer persönlichen Schlüsselübergabe entfernt und auch Techniker / Hausmeister Reparaturen in der Wohnung vornehmen können, ohne dass jemand vor Ort sein muss, hat es doch einige Tage gebraucht, bis wir uns an das Gefühl gewöhnt haben, dass theoretisch jeder zu jeder Zeit in die Wohnung kommen könnte – wer weiß, wer alles den Code kennt. Trotzdem gewöhnt man sich daran und man versucht, nicht zu viel darüber nachzudenken. Bisher haben wir damit zum Glück noch keine negativen Erfahrungen gemacht.

Die Doppelbelegung der Tasten hat allerdings auch eine Implikation auf die Sicherheit: Es reduziert die Menge der möglichen Codekombinationen um mehr als 90% von 10.000 auf nur 625. Ich vermute, das hat reine Kostengründe, um bei der Produktion noch ein bisschen was zu sparen. Ich halte es für eine absolute Frechheit, dass so etwas überhaupt verkauft wird, geschweige denn, dass ein Vermieter solch ein unsicheres Schloss einbauen lässt und denkt, es wird schon genügen. Es kann sein, dass das Schloss nach ein paar Fehlversuchen weitere Eingaben für eine Weile ablehnt, aber 625 Möglichkeiten sind viel zu nah daran, dass irgendjemand einfach mal ein paar Kombinationen ausprobiert und eine nicht zu geringe Chance hat, irgendwann den richtigen Code zu wählen. Besonders wenn wir keine Möglichkeit haben, die Tür ordentlich abzuschließen! Aber gut, bisher hat noch keiner was davon erzählt, dass das Leute hier in der Gegend wirklich machen würden.

Weiter zum Geschehenen: Nachdem wir der Mitbewohnerin kurz hallo gesagt und uns von ihr das Schloss erklären lassen hatten, konnten wir endlich unser Zeug ablegen und in die Heia gehen. Wenn auch nicht für zu lange, denn wir wollten unseren Schlafrhythmus wieder stabiliseren und auch noch in der Nacht schlafen können. Hurra!

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